Wie so oft in der Zeit, Quereinstieg in die Radindustrie
Es ist kein Einzelfall, sondern vielmehr die Regel. Corimas Gründer Pierre Martin and Jean-Marie Riffard begannen ihre unternehmerischen Aktivitäten in der Automobilindustrie und in der Luftfahrt. 1988 kam es dann zur Herstellung ihres ersten Produktes für die Radindustrie einem Scheibenrad. Gleichzeitig wurde der heute bekannte Firmenname, das Akronym der beiden Nachnamen, zu "Cooperation RIffard MArtin” etabliert.
Bald folgten neue Produkte und der erste Rahmen
Das Scheibenrad war ein Verkaufsschlager und die beiden Geschäftsmänner entwickelten bald ihr berühmtes Four-Spoke Laufrad und die Ellipse Sattelstütze, alles aus Vollcarbon und beide hier im Rad verbaut. Kurz darauf wurden das Corima Puma und Cougar entwickelt, die ersten Monocoque Rahmen der Firma.
Teuer, teurer, Corima Puma
10.000 DM für ein Fahrrad waren damals kaum zu übertreffen. Alleine die markanten Vierspeichenräder schlagen mit 2500 DM zu Buche. Damals eine Weltneuheit, heute Standard. Das Corima Puma war einer der ersten monocoque Rahmen und setzte den Rahmen für das, was in den letzten Jahren auf den Markt kam.
Rundungen wohin das Auge blickt
Einsparungen, die das Hinterrad in den Rahmen "einfließen" lassen. Elegante tropfenförmige Rohre für aerodynamische Vorteile. Starke “Knoten” den Rohrzusammenführungen führen zu einer hohen vertikalen Steifigkeit. Französische Avantgarde aus den 90ern.
Nur ein Blickfang? Die legendären “Four-Spokes” von Corima.
Seitensteifigkeit und Leichtlauf. Das sind wohl die beiden Eigenschaften, die "Four-Spokes" ausmachen. Bis heute wird diese Art Laufrad gefahren, insbesondere im Velodrom oder im Triathlon. Der Leichtlauf der Naben (vorne Mavic, hinten EDCO) sucht seinesgleichen. Dank der aerodynamischen Tropfenform drehen sich die Räder mühelos und schneiden schlichtweg durch den Fahrtwind, ohne dabei große Verwirbelungen zu erzeugen. Im Zusammenspiel mit den Leichtlaufnaben ein absoluter Leichtläufer.
Ein UCI-Verbot führte zum Verbot der Corima Rahmen
Der Weltverband UCI verbot 2000 diverse Rahmendesigns, darunter die beiden der Firma Corima. Man kann davon sprechen, dass dies das Ende des Rahmenbaus bei Corima besiegelte. Vor dem Verbot fuhr Chris Boardman auf einem Corima Rahmen mit dem Team Kelme einen Stundenrekord ein. Corima baute jedoch weiterhin Komponenten und ist bis heute einer der führenden Hersteller von Laufrädern.
Mit dem Aufkommen von Carbon war dem Rahmendesign keine Grenzen gesetzt
Seit Anfang der 90er Jahre etablierte sich Carbon sukzessive als Rahmenmaterial der Wahl. Etwa 10 Jahre lang kamen immer ausgeklügelte Rahmendesigns auf den Markt. Im Jahr 2000 machte die UCI dieser Blüte einen Strich durch die Rechnung, indem sie bestimmte, dass ein Fahrrad von nun an, wie ein Fahrrad aussehen sollte - sein Rahmen sollte "eine traditionelle Form" haben.
Die Begründung lautete, dass Radrennen durch menschliche Anstrengung und nicht durch Hightech-Ausrüstung gewonnen werden sollten, und so wurden Beschränkungen für Designaspekte wie Mindestgewicht, Aspektverhältnis und Fahrerposition eingeführt. Mit einem Schlag wurden alle wilderen Unibody-Designs zusammen mit unkonventionellen Fahrpositionen und aerodynamischen Verkleidungen verboten.
Damals erklärte die UCI: "Wenn wir vergessen, dass die Technologie dem Vorhaben selbst untergeordnet ist, überschreiten wir die Grenze, ab der sie das Ganze in Beschlag nimmt und ihre eigene Logik aufzwingt.“ „Die erreichte Leistung hängt eher von der Form des Mensch-Maschine-Ensembles ab als von den körperlichen Eigenschaften des Fahrers.”
Vier Werkstoffe im Wettstreit
Aluminium war in den neunziger Jahren lange der Leichtbauwerkstoff mit dem besten Verhältnis von Steifigkeit zu Gewicht und war bei guter Konstruktionsweise auch sehr haltbar. Carbon schreitet in dieser dynamischen Zeit zunehmend an die Stelle des idealen Werkstoffes. Schon damals wurde erkannt, dass der Werkstoff der Zukunft dies auch durch erste Grand Tour Siege bestätigt. Titanrahmen können leicht und haltbar, aber nicht sehr steif gebaut werden und Stahl ist bezüglich Leichtbaupotenzial das am wenigsten geeignete Material der vier Werkstoffe.
Die Qual der Materialwahl
Die 90er Jahre waren eine Zeit des Umbruchs. Zuvor war Stahl das Material der Wahl und wurde seit jeher immer weiter optimiert, bis es Mitte der 90er Jahre schließlich seinen Zenit erreichte. Schon einige Jahre zuvor gab es erste kommerzielle Versuche von Radpionieren, ein neues Rahmenmaterial zu finden. Die üblichen Verdächtigen waren Aluminium, Stahl und Carbon, allesamt Materialien, die auch in der Luftfahrt verwendet wurden. Die ersten Carbon Rahmen entstanden in den frühen 80er Jahren. Der endgültige Durchbruch gelang der französischen Firma Look, welche mit Greg Lemond erstmals mit einem Carbon-Rahmen die Tour de France gewinnen konnten.
CARBONRAHMEN IST NICHT GLEICH CARBONRAHMEN
Die ersten in Serie hergestellten Rahmen kamen in den 1980er Jahren auf den Markt und wurden in der altbekannten Diamant-Rahmenform unter Einsatz von Muffen hergestellt. Pioniere waren hier auch die franzosen zum Beispiel Vitus, Alan und TVT. Hier wurden Carbon Rohre und Alu-Muffen verklebt. In den 1990ern wurde dann der monocoque Rahmen eingeführt. Er war steifer und kam quasi aus einem Guss. Bei dieser Methode werden in Harz getränkte Kohlefaser-Matten in penibler Handarbeit in Formen gelegt und im Backofen ausgehärtet.
Gute Carbonrahmen kann nicht jeder bauen
Metall ist isotrop, das heißt in alle Richtungen gleich stark belastbar. Ein Fahrradrahmen muss aber nicht in alle Richtungen gleich stark belastbar sein, sondern nur in der Längsrichtung der Rahmenstreben. Hier kommt also Carbon ins Spiel. Einzelne Carbonfasern an sich sind nicht stabil, aber im Verbund mit Epoxydharz und in der richtigen Auslegung deutlich belastbarer als Aluminium oder Stahl. Um eine Kohlenstofffaser zu zerreißen, braucht man zehnmal so viel Kraft wie bei einem Aluminiumfaden mit den gleichen Maßen. Verblüffend dabei ist, dass das Verhältnis von Stabilität zu Gewicht bei Carbon nicht besser als bei Alu oder Stahl ist. Die Meisterleistung im Carbonrahmenbau liegt also darin, an den richtigen Stellen die korrekte Materialdichte und Faserauslegung zu wählen. Sozusagen die Grätsche zwischen Steifigkeit und Robustheit.
„One Lever – One Action“
Erzrivale Shimano brachte im Jahr 1990 ihre bahnbrechenden STI Hebel auf den Markt, mit denen der Fahrer seine Hände künftig nicht mehr vom Lenker bewegen muss, wenn er schalten will. Campagnolo reagierte zügig und ergänzte seine C-Record Gruppe mit den ersten „Ergopower“ Hebeln. Diese unterliegen dem gleichen Grundgedanken, wurden aber etwas unterschiedlich konzipiert. Anders als bei Shimano hat jeder Hebel eine einzige Funktion und alle Züge werden direkt am Lenker geführt. Es gibt einen Bremshebel und zwei Schalthebel auf jeder Seite. Die Bremshebel sind jeweils zum Hoch- und Runterschalten gedacht. Dieses System hat sich bewährt und wird bis heute in modernen Campagnolo Ergopower-Hebeln verwendet.
Titanbespickte Komponenten machen hier den Unterschied
Die Campagnolo Record Titanium Gruppe kam 1996 auf den Markt und war das Top-Modell von Campagnolo. Sie war für die Profisportler bestimmt – für diese Sportler, die um die letzten Sekundenbruchteile kämpfen. Den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage machen Nuancen aus. So verbessert Campagnolo ihre bisherige Record Gruppe an vielen Stellen, ohne deren Grunddesign anzutasten. Es werden Schrauben mit Teflon beschichtet, Kleinteile aus Titan verbaut und Buchsen mit Nickel beschichtet. Die Gewichts- und Reibungsoptimierungen zahlten sich aus und verhalfen Stars wie Miguel Indurain zu unzähligen Siegen.